Diese Woche gab es ein historisches Ereignis, dass eine große Resonanz in den Medien fand. Basierend auf einer Forschungsarbeit des Institut Marquès, hat ein Richter in Tarragona ein Verfahren eröffnet, um die chemischen Giftstoffe zu untersuchen, die von der petrochemischen Industrie dieser Provinz emittiert werden.
Wie ich bereits in den Artikeln „Warum verringert sich die männliche Fruchtbarkeit?“ und „Giftstoffe in der Muttermilch“ angesprochen hatte, sind wir sehr mit diesem Thema sensibilisiert. Unsere erste Untersuchung zu diesem Thema wurde im Jahre 2002 an Männern der Provinz Tarragona durchgeführt und die Ergebnisse waren besorgniserregend. Es zeigte sich, dass mehr als die Hälfte von ihnen die Normparameter der WHO nicht erfüllten, wie zum Beispiel beim Faktor Beweglichkeit. So sollten 25% der Spermien sich korrekt bewegen und in der untersuchten Bevölkerung liegt die durchschnittliche Quote bei 6,8%. In der nächsten Studie im Jahr 2004 wurden die Daten von Männern aus der Provinz A Coruña (wo es wenig chemische Industrie gibt) untersucht und hier zeigten sich normale Parameter; 28,7% der Spermien bewegten sich normal. Zuletzt wurden im Jahre 2011 die toxischen, endokrinen Disruptoren in der Muttermilch von Frauen in beiden Regionen untersucht. In Tarragona wurde DDT in allen Proben gefunden, in La Coruña in keiner Probe.
Im Jahr 2010 reichte dann ein Umweltverband aus Tarragona eine Klage mit den Daten unserer Studie beim Gericht ein, damit die Ursachen für diese schlechte Samenqualität untersucht werden. Zweck der Klage war es, festzustellen, ob die chemische Industrie in der Region der Hauptverursacher ist, und wenn ja die Unternehmen für diese Umweltverschmutzung verantwortlich zu machen. Dabei handelt es sich um ein ähnliches Rechtsverfahren, wie die Klage gegen die Tabakindustrie in den USA, bei denen die Betroffenen eine Sammelklage einreichen konnten.
Im Jahr 2011 archivierte der Richter die Klage, aber das Gericht gab dem Antrag der Staatsanwaltschaft in Tarragona auf Berufung statt und ich wurde um eine Aussage gebeten. Offenbar war unserer Studie – und ich als Hauptforscherin – das einzige Material, dass seitens der Kläger präsentiert worden ist. Bisher habe ich zweimal als Zeuge ausgesagt. Sie sind immer noch überrascht, wenn ich sage, dass die zahlreichen Giftstoffe und Abfälle, die in dieser Region mit einem hohen Anteil an petrochemischer Industrie emittiert werden, für die vielen medinizischen Probleme wie Unfruchtbarkeit, Kinder mit genitalen Fehlbildungen oder Fehlgeburten, verantwortlich sind.
2013 wurde der Fall Ad acta gelegt. Aber erneut in diesem Monat hat der Richter dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens seitens der Staatsanwaltschaft für Umweltfragen stattgegeben und die Untersuchung begonnen. Er hat die spanische Polizei aufgefordert, „die Unternehmen der Provinz Tarragona zu identifizieren, die als Grundprodukt oder Abfallnebenprodukt, Substanzen, die in der Studie des Institut Marquès reflektiert wurden, emittieren“.
Viele chemische Substanzen und vom Menschen geschaffene Materialen haben das Leben in den letzten Jahrzehnten erleichtert: Pestizide, Kunststoffe, Farben, Lacke, Auslegware, Reinigungsmittel… aber die Natur weiß nicht, diese zu metabolisieren oder abzubauen und in Tieren und Menschen verhalten sie sich wie weibliche Hormone. Stellen Sie sich vor, der Kunststoff im Meer verbleibt für immer und die Bestandteile reichern sich in den Fischen an, die wir hinterher essen.
Ich denke, diese Stoffe wurden geschaffen, um besser zu leben (zum Beispiel beinhalten Sofabezüge heutzutage Flammenschutzmittel, die die Brandgefahr reduzieren), die Nebeneffekte waren nicht bekannt, niemand trägt die Schuld. Aber seit die schädlichen Auswirkungen auf die Gesundheit bekannt sind, kommt es zum Umdenken. Diese Veränderung müssen in der globalen Umweltpolitik und bei uns allen stattfinden. Es nützt nichts, dass die Europäische Union Substanzen verbietet, wenn wir sie dann von Ländern kaufen, bei denen die Produktion erlaubt ist. Das Problem lässt sich nicht lösen, wenn in einer globalisierten Welt ein bestimmtes Pflanzenschutzmittel in einem Land verboten wird und wir später Obst aus anderen Ländern konsumieren.
Darüber hinaus sollten wir über die Informationen verfügen, was wir essen; wir haben die Pflicht und das Recht zu wissen, was in der Nahrung, Kleidung oder in Babyflaschen mit Bisphenol-A, dass beim Erhitzen freigesetzt wird enthalten ist… denn es gibt Alternativen. Stellen Sie sich vor, Sie möchten Ihr Baby umsorgen und ohne es zu wissen, tun sie ihm dies an…
Personen, die aufgrund ihrer Arbeit mehr Informationen zu diesem Thema haben, sollten diese an die Medien weitergeben. 2010 sponserte das Institut Marquès die spanische Teilnahme am Nordpolmarathon. Der Athlet Luis Pallarés erbrachte diese Leistung als Sperma verkleidet, um anzuprangern, dass auch ein scheinbar unberührter und ungenutzter Ort wie die Arktis, die Auswirkungen der Verschmutzung spürt; Meeresströmungen haben sie in die Giftmüllhalde des Planeten verwandelt. Ich hätte gerne als Eizelle verkleidet mitgemacht, aber als ich die Vorbereitungen von Lluís sah, bei denen er in einer Kältekammer im Zentrum für Hochleistungssport rannte, habe ich mich vom Projekt zurückgezogen; zudem bin ich noch nie hundert Meter gerannt!
Ich bin Mitglied der Expertengruppe für endokrine Disruptoren der Stiftung “Vivo Sano” (Gesund leben) und mit ihr nehme ich an verschiedenen Aktionen, wie zum Beispiel der Produktion des Dokumentarfilms “La letra pequeña” (Das Kleingedruckte) teil, aber seit Beginn der Wirtschaftskrise findet die Frage weniger Beachtung und gilt als weniger wichtig.
Ich habe mich hier auf die Auswirkungen der Disruptoren auf die männliche Fruchtbarkeit und als Ursache für Fehlgeburten, genitale Fehlbildungen und Hodenkrebs konzentriert, aber sie haben auch Auswirkungen auf die weibliche Fruchtbarkeit und führen zu vorzeitiger Pubertät und verschiedenen Krebsarten, vor allem der Schilddrüse und der Brust. Mit der Zeit werden immer mehr schädliche Auswirkungen bekannt.
Diese gerichtliche Untersuchung ist eine gute Nachricht, zumindest um die Behörden und Unternehmen zu sensibilisieren. Ich werde Sie weiter informieren.